Der Sperrung des eigenen Social Media Accounts folgt häufig als erstes ein Gefühl der Ohnmacht. Denn was kann man schon gegen US-Netzwerke wie Facebook oder Twitter unternehmen? Sie diktieren die Verhaltensrichtlinien und können sie selbst per Accountsperrung oder Löschung von Postings durchsetzen.
Dass die Macht der Social-Media-Plattformen jedoch nicht grenzenlos ist, erklärt unser Gast, Rechtsanwalt Dr. Jonas Kahl. Er hat bereits selbst erfolgreich Verfahren gegen soziale Netzwerke geführt und kann daher von seinen Erfahrungen aus der Praxis berichten und Tipps geben, wie man sich gegen eine unberechtigte Sperrung wehren kann.
Dr. Kahl verweist insbesondere auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 2021, in dem es um die Account-Sperrung wegen „Hassrede“ auf der Plattform Facebook ging. Der BGH entschied, dass auch wenn soziale Netzwerke privatrechtliche Unternehmen sind, sie trotzdem auf die Grundrechte ihrer Nutzer, insbesondere die Meinungsfreiheit, Rücksicht nehmen und bei Sperrungen transparent sowie zurückhaltend sein müssen.
Allerdings hat man mit den sozialen Plattformen einen mächtigen Gegner vor sich, so dass die Verteidigung gegen eine Sperrung doch einige rechtliche Finesse erfordert. Dazu gehört auch der Einsatz modernster Kommunikationsmittel, zu denen auch das… Fax gehört.
Wir bedanken uns bei Dr. Kahl herzlichst für den spannenden Einblicke in die praktische Welt des Rechts und merken erneut, dass an dem Sprichwort „Recht haben und Recht bekommen sind zwei verschiedene Dinge“ viel dran ist.
Viel Vergnügen beim Zuhören und wir freuen uns auf Eure Kommentare!
Kapitel
- 00:00:00 – Vorstellung unseres Gastes Dr. Jonas Kahl, Einführung in das Thema.
- 00:00:00 – Wann und auf welcher Grundlage werden Accounts gesperrt und wann ist die Sperrung zulässig?
- 00:23:00 – Begründung, Gegenvorstellungsverfahren und Einsatz von Faxgeräten.
- 00:34:00 – Benötigt man RechtsanwältInnen um sich erfolgreich wehren zu können und wer trägt die Verfahrenskosten?
- 00:53:00 – Hat man einen Anspruch auf Schadensersatz bei rechtswidriger Account-Sperrung?
- 01:01:00 – Ist Shadownbanning zulässig oder gar einer Sperrung vorzuziehen?
- 01:12:00 – Wie kann man umgekehrt gegen unerwünschte Social-Media-Postings vorgehen und gibt es noch ein Recht auf Anonymität in sozialen Netzwerken oder gilt die Klarnamenpflicht?
- 01:17:00 – Dürfen Schriftsätze und Kommunikationen aus den Verfahren veröffentlicht werden?
Links zur Folge
- BGH, 29.07.2021 – III ZR 179/20 – BGH zur Begründung und Verfahrenspflichten bei Sperrung von Facebook-Accounts auf Grundlage der AGB.
- „Sperrungen in sozialen Netzwerken: Verfahrensrechtliche Vorgaben des BGH“ von Dr. Jonas Kahl und Franziskus Horn (Beitrag aus K&R, 2021, S. 703 – 707).
- Prozess gegen die Sperrung eines AFD-Satire-Tweets eines Grünenpolitikers (Einstweilige Verfügungen (LG Nürnberg-Fürth, LG Dresden), Rücknahme Berufung durch Twitter).
- BGH, 27.01.2022 – III ZR 3/21 – BGH zur Klarnamenpflicht in sozialen Netzwerken.
- LG Frankfurt/Main, 03.09.2020 – 2-03 O 48/19 und OLG Dresden, 20.08.2020 – 4 U 784/20 – Ablehnung von Schadensersatzansprüchen bei Account-Sperrung.
Nelson
30. März 2022 at 16:35Die USA haben in den vergangenen Jahren auch einige völkerrechtswidrigen Angriffskriege geführt. Da standen wir übrigens noch ganz so eindeutig auf einer Seite und wenn dann eher auf der des Angreifers. Naja Zeiten ändern sich,bzw. hat Russland einfach das falsche Land überfallen. Ein Überfall auf einen kleinen Despoten im nahen Osten oder Afrika hätte uns ein müdes „Muss das sein“ abverlangt.
Warum kommt ihr auch die ganze Zeit mit dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg um die Ecke? Ja es ist einer, aber das haben die Russen nicht erfunden. Der Irakkrieg 2003 bekommt ein etwas anderes Narativ. Wir agieren aktuell sehr heuchlerisch. Im Kern geht es darum, dass nur ein Land auf der Welt entscheiden darf wer wen anzugreifen hat. Um diese Hegemonie geht es und wir machen alle dabei mit.
Also meine Frage… Müssten dann nicht auch amerikanische Medien verboten werden, die bspw. nicht kritisch über Guantanamo oder die Irak- oder Afghanistankriege informieren?
Übrigens haben wir unseren Afghanistaneinsatz aus juristischen Gründen nie als Kriegseinsatz bezeichnet, was er allerdings war. Putin hat vom Westen viel lernen können.
Krieg nicht als Krieg bezeichnen und Kriegsgründe aus der Nase ziehen (Brutkastenlüge, Massenvernichtungswaffen, Zusammenarbeit Hussein und Al-Qaida). Wir sind so gut darin Dinge ungleich zu behandeln,weil es einem getöteten Iraker bestimmt lieber war, dass ihn die Amerikaner bombardiert haben.