Rechtlich betrachtet, erinnern AdBlocker (zu deutsch „Werbeblocker“) an einen Eisberg. Während die meisten Nutzer AdBlocker nur als nützliche Werkzeuge zum Schutz gegen Werbebanner wahrnehmen, tobt unter der sichtbaren Oberfläche ein Kampf, bei dem es vor allem ums Geld geht. Vor allem Verlage, wie z.B. der Axel-Springer-Verlag, greifen den Anbieter des wohl bekanntesten Werbeblocker, AdBlock Plus, an.
Der Grund ist zum einen, dass den Verlagen nach eigenen Angaben bis zu 40% an Einnahmen aus der Vermietung von Werbeplätzen auf deren Webseiten verloren gehen. Zum anderen stören sich die Verlage daran, dass die AdBlock Plus bestimmte Werbeformen (sog. „Acceptable Ads„) gegen Entgelt doch einblendet (sog. „Whitelisting„). Während AdBlock Plus darin ein legitimes Geschäftsmodell sieht, meinen die Verlage, dass es sich um eine moderne Form der Wegelagerei handelt.
Wer dabei Recht hat ist nicht einfach zu beantworten. Das gilt sowohl für die moralische, als auch für die rechtliche Betrachtung. Während die Verlage bisher den Kürzeren gezogen haben, scheint sich das Blatt zu ihren Gunsten zu wenden.
In dieser Podcastfolge betrachten wir die unterschiedlichen rechtlichen Aspekte des AdBlockings, besprechen die Gerichtsurteile und schätzen ein, wer am Ende als Gewinner dastehen wird.
Da wir auch selbst nicht immer gleicher Meinung sind, interessiert es uns sehr, was Sie als unsere Zuhörer vom AdBlocking und dem Geschäftsmodell des Whitelisting halten.
- 00:00:00 – Hausmeisterei und Eigenwerbung
- 00:08:30 – Zur Funktion von AdBlockern
- 00:12:30 – „FernsehFee“ als Vorläufertechnik der Adblocker-Idee
- 00:13:30 – AdBlock Plus und Whitelisting
- 00:19:00 – Klageverfahren gegen AdBlock Plus, Argumente Pro und Contra
- 00:27:00 – Schutz der Pressefreiheit und der Berufsfreiheit kontra informationelle Selbstbestimmung der Nutzer
- 00:34:30 – Die besondere Problematik des Whitelistings im Kartellrecht, Ureberrecht und Wettbewerbsrecht
- 01:05:00 – Die nächste Eskalationsstufe: Anti-AdBlock-Sperren und die Zulässigkeit ihrer Umgehung
- 01:10:00 – Verfahren gegen das Blocken von redaktionellen Inhalten
- 01:15:00 – Deep Packet Inspection und Deep Packet Injection durch Internet-Zugangsprovider
- 01:21:00 – Update 1: Bereitet die EU ein AdBlock-Verbot zu Gunsten der Netzneutralität vor?
- 01:24:00 – Update 2: Wird AdBlock Plus jetzt zum Verkäufer von Werbeplätzen?
Erwähnte Folgen:
Auswahl von Werbeblockern
Links zur Eigenwerbung in der Hausmeisterei
- BUCHKRITIK: William Gibson „Peripherie“ von Marcus Richter
- Marcus Richter im ARD Mittagsmagazin – Mit Brille aus Pappe: Reise in die virtuelle Realität
- Snapchat für Unternehmen – Dr. Thomas Schwenke im Interview – Heise RegioConcept TV
- #heiseshowXXL @ IFA 2016: Fotos und Videos abmahnsicher mit Dr. Thomas Schwenke
- Dr. Thomas Schwenke im ZDF MorgenMagazin zum #rio2016-Hashtag
Angesprochene Quellen, Fälle, Gesetze und Urteile:
- BGH, 24.06.2004 – I ZR 26/02 „Fernseehfee“ – Zulässigkei von Werbeblockern für Fernsehwerbung
- Axel-Springer-Verlag investiert in Adblocker-Anbieter bei Golem.de
- BGH, 12.01.1972 – I ZR 60/70 „Onko statt Blumen“ – Wettbewerbsverhältnis zwischen Kaffeeanbieter und Blumenhändlern
- Adblock Plus Zahltag – $30 Mio. von Amazon, Ebay, Google und Yahoo – von Sascha Pallenberg bei Mobilegeeks
- Gutachten von Prof. die Fabio: Adblocker verfassungsrechtlich zulässig bei Telemedicus
- Der Streit um Adblock Plus und die Zukunft von Adblockern von Oliver Schmidt bei Telemedicus
- Im Krieg der Blocker – von Torsten Kleinz bei iroghts.info
- Nach OLG Stuttgart jetzt auch OLG Köln: Adblocker sind zulässig – von RA Arno Lampmann
- LG Hamburg, 21.04.2015 – 416 HK O 159/14 – Zeit.de verliert gegen AdBlock Plus
- LG München I, 27.05.2015 – 37 O 11673/14 – ProSiebenSat1 verliert gegen AdBlock Plus
- LG München I, 27.05.2015 – 37 O 11843/14 – RTL verliert gegen AdBlock Plus
- LG Stuttgart, 10.12.2015 – 11 O 238/15 – IOS-AdbBlocker „Blockr“ gewinnt gegen Welt.de
- LG München I, 22.03.2016 – 33 O 5017/15 – Süddeutsche Zeitung verliert gegen AdBlock Plus
- OLG Köln, 24.06.2016 – 6 U 149/15 – Axel-Springer-Verlag gewinnt gegen AdBlock Plus; Entgeltpflichtiges Whitelisting durch AdBlock Plus ist unzulässig
- LG Hamburg, 03.12.2015 – 308 O 375/15 – Umgehung der AdBlocker-Sperre auf Bild.de ist unzulässig
- Streit um den Werbeblocker-blocker-entblocker (wirklich) – von Pia Lorenz bei Legal Tribune Online
- STREIT UM ADBLOCK-VIDEO: Abgemahnter Youtuber hat Bild.de verklagt bei Golem.de
- Axel Springer: Einstweilige Verfügung gegen Adblock Plus UPDATE bei heise.de
- Werbeblocker-Streit: Mysteriöse „Softwareverschlüsselung“ bei BILD bei irights.info
- BGH, 14.10.2010 – I ZR 191/08 „AnyDVD“ – Zulässigkeit der journalistischen Verlinkung auf Software zur Umgehung von Kopierschutz
- Der Streit um Adblock Plus und die Gegenmaßnahmen der Verlage von RA Thomas Stadler
- Adblocker: Facebook gewinnt die erste Schlacht bei heise.de
- Deep Packet Inspection und Deep Packet Injection
- EU-Leitlinie: Provider sollen keine Werbeblockaden auf Netzebene einführen dürfen bei NZZ.ch
- Ad blocker’s ambitious telecom deal halted in Europe over net neutrality bei Mashable
Mathias
23. September 2016 at 0:56Interessanter Podcast. Kann AdBlock Plus das Problem der Klagen nicht umgehen, wenn sie ihren Sitz ins Ausland verlegen? Gilt dann noch deutsches Recht? ABP richtet sich ja nicht explizit an die deutsche Zielgruppe, sondern wird weltweit eingesetzt.
Gilt denn automatisch das Recht des Sitzes des Klägers?
Thomas Schwenke
23. September 2016 at 10:51Danke sehr Matthias. Im Wettbewerbsrecht gilt das sog. Marktortprinzip (https://de.wikipedia.org/wiki/Marktortprinzip). D.h. wenn das Angebot auch an Nutzer im Inland ausgerichtet ist, dann kann auch gegen ausländische Unternehmen in Deutschland geklagt werden. Im Regelfall geht man jedoch lieber gegen inländische Unternehmen vor, da hier die Durchsetzung der Ansprüche einfacher ist, da deutsche Urteile im Ausland nicht ohne weiteres durchsetzbar sind (insbesondere ist das in den USA ein Problem). Hat man gegen ein deutsches Unternehmen gewonnen, dann kann erstmal mit einem Urteil Druck auf die ausländischen Unternehmen ausgeübt werden.
David
25. September 2016 at 5:23Sehr schön und interessant, die Perspektive auf Adblock und die ganzen Debatten nochmal zu differenzieren. Ich bilde mir ein, eine Menge gelernt zu haben.
Ab ca. 1:05:00 werdet ihr allerdings leider sehr schnell sehr wirr und kompakt, da tu ich mich hier und da dann doch schwer zu verstehen um welches Verfahren gegen wen und warum es eigentlich geht; der Youtuber hier, AdBlock da, dann wieder der YouTuber, dann doch – oh! – Adblock… Hatte da jemand Angst, die Burger-Rechnung übernehmen zu müssen? *Donnergrollen*
Danke jedenfalls!