Mit dem Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) tritt am 01. Dezember 2021 ein neues Datenschutzgesetz in Kraft. Wobei, trotz des Namens, geht es weniger um den Datenschutz an sich.
Vielmehr dient das Gesetz dem Schutz der Privatsphäre im Rahmen der digitalen Kommunikation und auf „Endeinrichtungen“, wie z.B. auf Computern, Smartphones oder in Kraftfahrzeugen (so genannte „ePrivacy„).
So werden z.B. E-Mail und Messenger als „nummernunabhängige interpersonelle Kommunikationsdienste“ dem Fernmeldegeheimnis unterworfen, welches den Inhalt und die Umstände der Kommunikation schützt.
Auf der anderen Seite wirken viele Regelungen nicht zu Ende gedacht oder nur in Ansätzen geregelt, wie z.B. die Regelungen zum digitalen Nachlass. Auch die Vorschriften zur Klarnamenpflicht sowie Abschaffung von Cookie-Bannern, sind eher Ideen und Wunschvorstellungen, denn klare Regeln.
Damit wir in diesem Regelungskomplex den Überblick nicht verlieren, haben wir mit Dr. Simon Assion einen Experten für ePrivacy zu Gast. Als Sachverständiger durfte er bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu dem neuen Gesetz Stellung nehmen. Im Februar 2022 erscheint zudem sein Handkommentar zum TTDSG, in dem er als Herausgeber zur Klärung der gesetzlichen Unsicherheiten beitragen wird.
Wir bedanken uns herzlichst für den Besuch und wünschen viel Vergnügen mit diesem akustischen Kommentar (d.h. eine Sammlung von juristischen Erläuterungen, Ansichten und Empfehlungen) zum TTDSG.
P.S. Das TTDSG enthält auch Neuregelungen zu Cookies, auf die wir im Rahmen der Folge kurz eingehen. Für eine ausführliche Betrachtung der „Cookie-Regelungen“ verweisen wir auf die Folge: „TTDSG – Cookies unter Aufsicht – Rechtsbelehrung 102„.
Kapitel
- 00:00:00 – Vorstellung unseres Gastes.
- 00:04:50 – Wofür ist das TTDSG eigentlich da?
- 00:07:00 – Was versteht man unter klassischer Telekommunikation und was sind die neu dazu gekommenen „nummernunabhängigen interpersonellen Telekommunikationsdienste“?
- 00:16:00 – Ist die Rechtsbelehrung ein Telemedium?
- 00:19:00 – Kinderschutz vs. Fernmeldegeheimnis bei der Kommunikation über Messenger.
- 00:32:00 – Müssen auch private und unternehmerische Anbieter von Messengern oder anderen Kommunikationsnetzen das TTDSG beachten?
- 00:36:30 – Sind Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern die private Nutzung des betrieblichen Internets erlauben, Telekommunikationsanbieter?
- 00:41:00 – Sind Telekommunikationsanbieter zur Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verpflichtet und wie dürfen sie die Metadaten verwenden?
- 00:56:00 – Warum das Gesetz eigentlich falsch benannt ist und es weniger um den Datenschutz, sondern viel mehr um den Schutz der elektronischen Privatsphäre geht.
- 00:59:00 – Wie steht die DSGVO im Verhältnis zum TTDSG und der EU-ePrivacy?
- 01:05:30 – Klarnamenzwang: Ist das Recht auf eine anonyme Nutzung sozialen Netzwerken und anderen Onlinediensten verpflichtend?
- 01:10 00 – Pflicht zu IT-Sicherheit, z.B. Updatepflichten und Übermittlung von Daten auf Webseiten via https sowie Abschaltung von APIs (Schnittstellen).
- 01:15:00 – Welche Behörde ist für die Ausführung des TTDSG eigentlich zuständig? Die Bundesnetzagentur, der Bundesdatenschutzbeauftragte oder Datenschutzbehörden der Bundesländer?
- 01:20:00 – PIMS – Werden Cookie-Banner bald obsolet?
- 01:29:00 – Digitaler Anlass: Dürfen Erben alle Privatnachrichten der Verstorbenen in sozialen Netzwerken lesen?
- 01:34:00 – Wie hoch sind die Strafen und Bußgelder?
Anonymous
22. November 2021 at 13:58Habe ich es richtig verstanden, dass das Weiterleiten von Kommunikation verboten ist?
In Whatsapp und selbst bei E-Mail-Programmen ist das aber ein Feature. Ist es wirklich strafbar eine Whatsapp-Nachricht oder eine E-Mail weiterzuleiten?
Thomas Schwenke
22. November 2021 at 14:59Das Fernmeldegeheimnis trifft nicht die Kommunikationspartner, sondern die Anbieter (wo zu prüfen ist, ob die AGB dies hinreichend erlauben):
Natürlich müssen dennoch die Privatsphäre und Geschäftsgeheimnisse beachtet und ohne Einwilligung oder Erlaubnis keine privaten/beruflichen Chats/Medien geteilt werden.
R. M.
22. November 2021 at 16:17Sehr interessant und gut aufgearbeitet.
00:19:00 Wertvoll: kritische Bemerkungen und Nachfragen beim Totschlagsargument „Wir wollen alles nur überwachen, damit keine KiPo mehr stattfinden kann.“
00:36:30 Thematik Arbeitgeber: Die erwähnten Gerichte haben bei der Einordung der Frage, ob AG Diensteanbieter sind, § 206 StGB nicht geprüft (lag vielleicht daran, dass es überwiegend Arbeitsgerichte waren – macht es aber nicht besser).
Die Aussagen zu erlaubter Privatnutzung …“in der Mittagspause“ sucht der AN „nach Kochrezepten“ das wäre nur „nice to have“ … oder eine „altruistische Dienstleistung“ verniedlichen und verharmlosen einen schwerwiegenden Eingriff in die Privatsphäre der Betroffenen. Fakt ist: Der AG schafft durch die erlaubte private Nutzung selbst die grundrechtsgefährdende Situation. Aller Erfahrung nach sind die Angehörigen des Unternehmens (bzw. deren Kommunikationspartner (Familie, Rechtsanwalt oder Ärztin) nicht darüber informiert, dass das Unternehmen zwar die TK-Netze für private Kommunikation zur Verfügung stellt, sich sodann nicht an das TK-Geheimnis gebunden fühlt.
Zumindest war und ist die Einordung in strafrechtlicher Hinsicht nach hM und der bisherigen Rechtsprechung der Strafgerichte klar: Bietet das Unternehmen private Nutzung für Betriebsangehörige an, dann wird es auch als TK-Anbieter im Sinne von § 206 StGB eingeordnet.
Nochmal, damit am Ende kein falscher Eindruck entsteht: Vielen Dank an alle Beteiligten für das tolle Format und die wertvollen Informationen.
Arno Nühm
22. November 2021 at 17:48Ich bin total verwirrt, was den Anwendungsbereich des Gesetzes angeht. Es ist bei euch, und sonst im Internet, viel von Messengern und so die Rede. Aktuell herrscht bei uns die Angst, das wir nun nichtmal für den User wirklich sinnvolle Dinge auf seinem Gerät speichern dürfen, obwohl die niemals über eine Leitung laufen, sondern immer bei ihm bleiben. Ein konkretes Beispiel: Das speichern der Sprache der Website, in einem Local-Storage-Speicher des Browsers. Das passiert für den Nutzerkomfort und die Info verlässt den Browser nie. Fänd ich seltsam wenn das nun rechtlich nicht okay ist, während aber teilweise echtes Tracking mit berechtigtem Interesse durchgedrückt wird.
Ist sowas in eurer zweiten Folge?
Mario
23. November 2021 at 16:33FYI in den shownotes konnte ich den Link zu dem Twitter eures Gastes nicht finden. Musste extra hier her navigieren um ihm zu folgen.