Anlässlich einer Meldung, dass die österreichische Datenschutzbehörde Straßenfotografie anscheinend nur mit Einwilligung erlauben soll, sprechen wir über die Fallstricke der Bildaufnahmen von Menschen im öffentlichen Raum. Zu dem besprochenen Themen gehören:
- Welche Gesetze müssen wann beachtet werden?
- Müssen auch private oder nur professionelle Streetfotografen die DSGVO beachten?
- Wann ist die Aufnahme fremder Menschen erlaubt?
- Wann sind Aufnahmen von Personen verboten oder sogar strafbar?
Dazu freuen wir uns sehr, erneut Dr. Nina Herbort als Expertin zu Gast begrüßen zu dürfen.

Dr. Nina Elisabeth Herbort ist Rechtsanwältin und Gründerin der Berliner Kanzlei short.law, die sich auf Datenschutz für kleine und mittelständische Unternehmen spezialisiert hat. Ihre Fachkenntnisse erstrecken sich über technische Aspekte des Datenschutzes, digitale Dienste und Auditierung. Sie ist ferner Gastdozentin an der Ostkreuzschule für Fotografie tätig. Mit etwa sieben Jahren Erfahrung als Referentin bei Datenschutz-Aufsichtsbehörden, darunter die Berliner Beauftragte für Datenschutz, und einem EDSA-Secondment in den Niederlanden, bringt sie umfassende Expertise in ihre Tätigkeit ein. (LinkedIn und Instagram).
Wir danken Dr. Nina Herbort erneut für ihren Besuch, das spannende Gespräch und den Durchblick in ein aus Sicht von Fotografen zugleich wichtiges und kompliziertes Thema.
Euch wünschen wir viel Vergnügen beim Zuhören und gebt Acht beim Fotografieren!
P.S. wir freuen uns über postive Bewertungen bei Apple Podcasts oder Spotify. Danke!
Zeitmarken
- 00:00:00 – Vorstellung des Themas und unserer Gästin.
- 00:06:00 – Darf man Menschen auf der Straße fotografieren?
- 00:11:00 – Erkennbarkeit und welches Recht wird relevant, wenn Menschen fotografiert werden?
- 00:13:00 – Von Bismarck bis zur DSGVO – die Geschichte des Rechts am eigenen Bild.
- 00:18:30 – Gilt die DSGVO auch für Bildaufnahmen von Privatpersonen?
- 00:34:00 – Creeptografie und wann Fotografien die Privatsphäre und Persönlichkeitsrechte verletzen.
- 00:50:00 – Abwägung der Interessen der Fotografen vs. Interessen der Fotografierten und muss man bereits beim Fotografieren eine Einwilligung einholen?
- 00:58:00 – BVerfG: Streetphotografie ist ok, aber nicht, wenn sie draußen ausgestellt wird.
- 01:06:30 – Wann ist die Veröffentlichung von Fotoaufnahmen erlaubt und wie holt man eine wirksame Einwilligung ein?
- 01:20:00 – Wann dürfen Bildaufnahmen ohne Einwilligung auf Grundlage eines berechtigten Interesses erstellt werden? Bilder aus dem Bereich der Zeitgeschichte, Menschen als bloßes Beiwerk, Versammlung und höheres Interesse der Kunst.
- 01:36:00 – Unser Fazit, was man bei Fotos im öffentlichen Raum beachten muss.
Weiterführende Links und Urteile
- Hamburg, Tätigkeitsbericht Datenschutz 2024 („Der Spanner ist kein Künstler“) – https://datenschutz-hamburg.de/service-information/taetigkeitsberichte/taetigkeitsbericht-datenschutz-2024#V-6=
- Österreich, Löschanordnung gegen Straßenfotografie (derStandard-Artikel) – https://www.derstandard.at/story/3000000269388/datenschutz-das-ende-der-ikonischen-strassenfotografie
- Bundesverfassungsgericht, 15.12.1999, 1 BvR 653/96 – (kein offizieller Link, Aktenzeichen zur Recherche)
- AG Hamburg, Beschluss vom 03.07.2020 – 163 Gs 656/20 – (Datenschutzverstoß durch das gezielte Fotografieren von fremden Personen zu privaten Zwecken).
- Bundesverfassungsgericht, 08.02.2018, 1 BvR 2112/15 („Frau im Leopardenmantel“).
- Herzogin Catherine / Oben-ohne-Fotos (französisches Urteil).
- BVerfG, 23.06.2020 – 1 BvR 1716/17 („Ebola-Fall, erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen strafrechtliche Verurteilung wegen Weitergabe einer unverpixelten Bildaufnahme an eine Presseredaktion).
Relevante oder erwähnte Folgen der Rechtsbelehrung
- TTDSG – Cookies unter Aufsicht – Rechtsbelehrung 102.
- Wann gilt die DSGVO für Privatpersonen? – Rechtsbelehrung Folge 82.
- Wann darf ich Polizeikräfte filmen?– Rechtsbelehrung 125.
- Darf ich Privatpersonen zu Beweiszwecken filmen? – Rechtsbelehrung 126.
- Wann hat die Polizei das Recht, mich zu filmen? – Rechtsbelehrung 128.
Natürlich sollte sie das Buch bekommen, aber das ist doch langweilig.
Ich bin dafür, dass Dr. Nina Elisabeth Herbort personalisierten Merch, wie z.B eine Tasse mit „Rechtsbelehrung“ branding und ihrem Namen, einen Podcast internen Titel und bzw. oder einen Eintrag auf einer Hall of Fame bekommt 🙂
Danke für die interessante Folge. Mir ist spontan das bekannte Bild „The terror of war“ mit Phan Thị Kim Phúc eingefallen. Es zeigt eine minderjährige Person nackt und in einer verletzlichen Situation. Auf der anderen Seite steht das öffentliche Interesse den Schrecken des Krieges darzustellen und im Nachhinein auch die Auswirkungen des Bildes.
Mich würde eure Meinung dazu interessieren wie die juristische Einschätzung der Erstellung/Verwertung/Veröffentlichung des Bildes unter heutigem Recht von einem deutschen/europäischen Gericht entschieden würde.
Mfg Clemens
Hallo,
Am Anfang sprecht ihr darüber ob Privatpersonen im öffentlichen Raum einfach so fotografiert werden dürfen; nd ob das unter DSGVO oder Haushaltsaufnahme fällt
Markus spricht davon, dass es unangenehm ist gezählt fotografiert zu werden; auch wenn das Foto nicht zur Veröffentlichung gedacht ist.
Ich bin als Tagesvater mit kleinen Kindern auf der Straße unterwegs. Das nehmen Leute zum Anlass spontan das Handy zu zücken und mich und die Kinder (oft) ungefragt zu fotografieren.
Ich gehe von keiner direkten Veröffentlichungabsicht aus, aber muss ich das (außer in Hamburg) hinnehmen?
Der Hinweis in solchen Fällen das direkte Gespräch zu suchen und mit den Leuten zu Kommuniziere ist natürlich richtig. Das tue ich dann auch. Und in der Regel akzeptieren die Leute das dann auch.
Viele Grüße Dirk
Wenn die zehn Besuche im Podcast abgestempelt sind, kommt die Einladung in ein Urbider Dictum!
In meinen Augen habt ihr in der ganzen Folge den rosa Elefanten im Raum umschifft:
Männer machen Fotos von Frauen aus sexualisierter Motivation.
Das soll unterbunden werden, aber es ist kaum möglich, diese Fotos von anderen abzugrenzen.
Die erwähnten und verlinkten Beispiele für „Creeptography“ sind eindeutig. In leicht anderen Szenarien ist das aber überhaupt nicht mehr klar, und schon gar nicht klar nachzuweisen. Die Rechtswidrigkeit wird im Bereicht in den meisten Fällen mit dem Fokus auf bestimmte Körperteile begründet. Bei einem Ganzkörperfoto fällt dieses Argument weg. Das Foto kann jedoch nachträglich zugeschnitten werden.
Wenn Frauen „sommerlich“ (Formulierung aus dem Bericht) oder figurbetont gekleidet sind, liegt der Verdacht einer Sexualisierung eigentlich immer nahe. Dabei unterscheiden sich die Aufnahmen objektiv nicht von denen eines Mannes im Anzug. Oder was würdet ihr unterstellen, wenn jemand junge Frauen vor einem Club fotografiert?
Neben-Fazit: Ein Foto, auf dem die Frau nicht zu identifizieren ist (z.B. von hinten oder von der Seite), steht noch leichter im Verdacht der sexuellen Motivation.
Die erwähnten Fashion-Fotos können genauso schnell anders gedeutet werden.
Daher hat es mich überrascht, dass Nina eine solche Fotografie weniger unangenehm fand als Marcus.