Der Abmahnbeantworter ist ein Werkzeug, mit dem Antworten auf Filesharing-Abmahnung erstellt werden können. Dadurch soll unberechtigt Abgemahnten die Gegenwehr erleichtert werden. Veröffentlicht wurde der Abmahnbeantworter vom Förderverein freie Netze (Freifunk) und dem Chaos Computer Club (CCC).
Auf der Seite der Anwaltschaft ist der Abmahnbeantworter zum Teil sehr ablehnend aufgenommen worden. Bemängelt wurde u.a., dass den Abgemahnten mit dem Antwortschreiben kaum geholfen werde und sie sich sogar schaden können.
Diese Kontroverse war für uns ein Anlass, uns nicht nur den Abmahnbeantworter anzuschauen, sondern über den aktuellen Stand bei Filesharing-Abmahnungen zu sprechen. Dazu haben wir die Rechtsanwältin Beata Hubrig (Twitter) eingeladen, die u.a. abgemahnte Freifunker vertritt und an dem Abmahnbeantworter maßgeblich mitgewirkt hat.
Eine eher kritische Ansicht vertritt Rechtsanwalt Niklas Plutte (Twitter, Podcast), der selbst Mandanten in Filesharing-Fällen vertritt. Nach seiner Ansicht ist jeder Fall anders und die Verteidigung von Abmahnungen kann nicht effektiv von einem Onlinegenerator übernommen werden.
Wir bedanken uns bei unseren Gästen für eine kompetente, aber auch kontroverse Diskussion. Wir wissen nun um das politische Signal des Abmahnbeantworters, seine Möglichkeiten, aber auch Grenzen, die sich aus der komplizierten Rechtslage ergeben.
Hinweis: Ihr könnt mit Beata Hubrig über den Abmahnbeantworter auch auf dem 33. Congress des Chaos Computer Clubs im Rahmen des Talks „Kampf dem Abmahnunwesen„, am 27. Dezember 2016 um 16:30, diskutieren.
- 00:00:00 – Vorstellung der Gäste und des Themas
- 00:06:30 – Filesharing, IP-Adressen als Identifizierungsmerkmal und die Funktion von Abmahnungen.
- 00:10:00 – Wie funktioniert die „Abmahnindustrie“, warum hat sie einen schlechten Ruf und was kostet die Verteidigung gegen Abmahnungen.
- 00:14:00 – Entmündigung mit Textbausteinen und die Frage, ob nicht jeder Mensch Abmahnungen auch ohne Jurastudium verstehen müsste.
- 00:26:00 – Warum haftet der Anschlussinhaber für Rechtsverstöße, die er nicht begangen hat?
- 00:39:00 – Unterlassungserklärung, deren Modifizierung und mögliche Folgen in der Zukunft?
- 00:41:50 – „Mc Fadden vs Sony“ und unsinnige Pflichten zur Nutzeridentifizierung.
- 01:02:00 – Störerhaftung und die sekundäre Beweislast.
- 01:16:00 – Abmahnbeantworter, seine Funktionen, Möglichkeiten und Ziele.
- 01:30:00 – Kritik am Abmahnbeantworter und mögliche negative Folgen für die Nutzer.
- 01:54:00 – Abmahnbeantworter als ein politisches Statement
Erwähnte Folgen
Weiterführende Links
- Der Abmahnbeantworter
- FAQ des Abmahnbeantworters
- Der Abmahnbeantworter: Selbstverteidigungshilfe gegen unberechtigte Abmahnung – Pressemitteilung des CCC
- Warum ein Abmahnbeantworter, der Antwortschreiben generiert? – Interview mit Beata Hubrig bei Netzpolitik.org
- Störerhaftung und Abmahnungen: „Wir haben ein Problem mit der Anwendung des Gesetzes durch unsere Gerichte“ – Interview mit Beata Hubrig bei Netzpolitik.org
- Abmahnbeantworter: Anwälte sehen noch Mängel an Briefgenerator – Rechtsanwalt Niklas Plutte im Interview bei iRIGHTS.info
- Social Media News Podcast mit Felix Beilharz und Rechtsanwalt Niklas Plutte
- Abmahnbeantworter des CCC – leider nicht zu empfehlen – Kritik von Rechtsanwalt Markus Kompa
- Risiko Störerhaftung: Symptom eines kaputten Urheberrechts bei iRIGHTS.info
- Zum Wochenende: Die Abmahnwellenvorhersage – Rechtsanwalt Stephan Dircks erklärt das Geschäft mit Massen-Abmahnungen
Angesprochene Quellen, Fälle, Gesetze und Urteile:
- EuGH, 15.09.2016 – C-484/14 („Mc Fadden vs Sony Music“) – EuGH zur Störerhaftung des Betreibers eines offenen WLAN-Netzes.
- BGH, 06.10.2016 – I ZR 154/15 – Sekundäre Darlegungslast und keine Pflicht des Anschlussinhabers, den Täter zu ermitteln.
Gunnar
6. Dezember 2016 at 16:52„Ich war im Urlaub.“ ist eigentlich kein wirksames Argument mehr.
Es gibt Technologien von überall auf seinen Rechner (Remote Desktop, VNC) oder auf die Torrent-Programme (WebUI) zugreifen zu können.
Zusätzlich gib es auch den automatischen Download per RSS-Feeds.
Cyberic
7. Dezember 2016 at 8:48Keiner der Podcaster ist hier zu irgendwas verpflichtet, Herr Richter hätte auch einfach sagen können „Herr Schwenke ist nicht da, warum geht euch nix an“, genau so ist es nämlich. Alles darüber hinaus ist reine Freundlichkeit.
Die Podcaster sind bestimmt durch freundliches Feedback wie Ihres besonders motiviert, in Zukunft weitere aufwändige Podcasts für uns zu produzieren. #Ironietag
Michael
11. Dezember 2016 at 5:03Ich glaube der ursprüngliche Kommentar bezog sich auf das Argument der Empfänger der Abmahnung und sollte nicht als affront gegen dr. Schwenke gedacht sein.
Thomas Schwenke
11. Dezember 2016 at 12:24Haha, ich habe es auch nicht als Affront verstanden, aber tatsächlich als eine Abmahnung wegen der Vernachlässigung meiner Podcastpflichten. Danke für den Hinweis! ?
Thomas Schwenke
7. Dezember 2016 at 14:48Ich stand an der Uni vor Studenten und weil es nicht einfach einen Termin mit vier Leuten zu finden ist, habe ich ausgesetzt. Das zumal ich in dem Fachbereich weitaus weniger zu sagen hätte, als unsere Gäste. Ein Urlaub hält mich dagegen nicht vom Podcasten ab 🙂 S. Folge 33 https://rechtsbelehrung.com/rueckblick-und-grosse-hoererumfrage-rechtsbelehrung-folge-33-jura-podcast/
Gunnar
15. Dezember 2016 at 0:20Ihr liegt alle falsch. Mein Argument bezog sich auf das Argument, dass man den abgemahnten Download nicht selber getätigt haben kann, da man im Urlaub und nicht zu Hause war.
Gunnar
15. Dezember 2016 at 0:22Es ist zu spät in der Nacht.
Korrektur:
Mein HINWEIS bezog sich auf das Argument,….
Cyberic
7. Dezember 2016 at 8:50Ich war von der heutigen Folge etwas enttäuscht, wenn ich offen sein darf.
Die Gesprächsführung zwischen den Gästen war streckenweise doch etwas „passiv-aggressiv“, das hat meinem Verständnis als Zuhörer überhaupt nicht genützt. Ich bin da streckenweise einfach „ausgestiegen“. Alles in allem vielleicht nicht eure beste Episode, aber ich möchte mich natürlich dennoch für eure Mühe bedanken, das ein oder andere habe ich im Detail schon „mitnehmen“ können. Ich freue mich schon auf die nächste Episode, dann hoffentlich wieder in voller Besetzung.
Averell Dalton
9. Dezember 2016 at 10:34Leider ein schwacher Auftritt der Koleggin Hubrig. Sie möchte die Sache nicht politisch, sondern juristisch bewerten, argumentiert aber letztlich zu meist ideologisch. Wobei ich grundsätzlich auf ihrer Seite stehe.
Selbstverständlich haftet im Übrigen der Eigentümer eines PKW für Schäden, die Dritte mit dem PKW verursachen. Nennt sich Halterhaftung und steht im Gesetz. Da braucht man keine Mittäterschaftskonstruktion. Eine ausdrückliche normierte Halterhaftung bräuchte es aber gar nicht, da das alles dem anerkannten Grundsatz folgt, dass Derjenige der Kontrolle über potentiell gefährliche Sachen ausübt, einem besonders strengen Haftungsmaßstab unterliegt. Diese Wertung halte ich auch Grundsätzlich für richtig. Ob das auch bei Internetanschlüssen der Fall ist, ist eine andere Frage. Ich denke im Vergleich zum PKW liegen die Unterschiede klar auf der Hand und ein die Verletzung von Leben und Gesundheit ist höherwertiges Schutzgut als die Verletzung von Urheberrechten. Allerdings könnte es bei der Verbreitung von Kinderpornografie schon wieder anders aussehen. Die Frage ist also durchaus kontroverser als man auf den ersten Blick meint.
Die Abmahnindustrie hat sich meiner Beobachtung nach, aber ohnehin selbst trocken gelegt. Denn aufgrund ihrer gründlichen Arbeit, ist kaum noch jemand so naiv und lädt Blockbuster bei Filesharing Clients runter. Für gewerbliche W-Lan-Betreiber sieht das möglicherweise anders aus. Da ist aber der Gesetzgeber gefragt.
Den Ratschlag, keine Unterlassungserklärung abzugeben, wenn der abgemahnte die Urheberrechtsverletzung begangen hat, halte ich zudem gelinde gesagt für abenteuerlich. Bei den schrumpfenden Margen der Abmahnindustrie ist das ein gefundenes Fressen, um noch mal ein paar Gebühren zu schinden.
Schade, da bin ich sonst besseres gewohnt von euch!
Norman
16. Dezember 2016 at 14:36Dies war meine erste Folge der Rechtsbelehrung, da ich vor kurzem abgemahnt wurde und versucht habe mir mit dem Abmahnbeantworter zu helfen. Das Thema passte daher perfekt.
Ich hatte ebenfalls die Vorstellung, daß mit der Abmahnbeantworter die Sache deutlich erleichtern bzw. im besten Fall komplett vom Hals halten würde. Trotzdem habe ich das generierte Schreiben noch einmal von einem Anwalt bestätigen lassen. Ein Absatz wurde dabei geändert. Die Beratung hat 80€ gekostet.
Die Kanzlei aus München hat das Schreiben als Abmahnbeantworter erkannt und komplett zerlegt. Ob nun berechtigt oder nicht, da ich als Laie damit am Ende meiner Selbsthilfe war, hätte ich abermals einen Anwalt aufsuchen müssen. Diesmal mit Aufsetzen eines situationsbezogenen Schreibens durch den Anwalt. Die Kosten dafür wären sicherlich ein vielfaches der 80€ für eine Stunde Beratung gewesen. Und dann ist immernoch nicht garantiert, daß der Fall damit beendet gewesen wäre und weitere Kosten auf mich zukommen.
Aus dieser Überlegung habe ich dann eine Zahlung von 490€ plus von mir erstellte modifizierte Unterlassungserklärung als wirtschaftlicher angesehen. Hinzu kommt noch, daß einem eine solche Situation zusätzlich einfach Lebensenergie absaugt. Wie im Podcast gesagt wurde, man will die Sache so schnell wie möglich los werden.
Der Abmahnbeantworter erweckt den Eindruck eines wirksamen Werkzeugs, was in meinem Fall eher den gegenteiligen Effekt hatte. Die Aussage, daß er helfen soll, Probleme auch ohne Anwalt zu lösen kann ich ebenfalls nicht bestätigen, da es den Fall auf eine juristische Ebene gebracht hat, die ich noch weniger durchblicken konnte als das initiale Schreiben.
Hätte ich direkt ein Schreiben vom Anwalt aufsetzen lassen hätte mich das vermutlich mehr gekostet, die Wirkung wäre allerdings vielleicht besser gewesen, ich weiss es nicht. Jedoch hinterlässt es einen faden Beigeschmack.
Vermutlich beeinflusst von meinem Erlebnis fand ich daher die Argumente und Ansichten von Marcus und Herrn Plutte deutlich realitätsnäher.