Als Tim Berners Lee (der als Erfinder des World Wide Web gilt) sein Verständnis von Links niederschrieb, dachte er bestimmt nicht daran, was die Juristen aus diesem simplen technischen Verfahren machen würden. 1997 klang es bei Berners Lee noch so einfach:
The intention in the design of the web was that normal links should simply be references, with no implied meaning.
Knapp 20 Jahre später haben wir uns von dieser simplen Regel, dass Links bloße Verweise ohne implizierte Bedeutung sind, weit entfernt. Allerdings muss man bedenken, dass Tim Berners Lee diese Aussage auf den Link selbst bezog. Die rechtlichen Probleme erwachsen dagegen vor allem aus dem Kontext eines Links. Leider hat der Bundesgerichtshof diesen Umstand nicht verinnerlicht und in seiner neuesten Link-Entscheidung diese folgenschwere Aussage getroffen (BGH, 18.06.2015, Az. I ZR 74/14):
Der Hyperlink erhöht die Gefahr der Verbreitung etwaiger rechtswidriger Inhalte, […]
Auf dieser Grundlage stellte der BGH weiter die folgenden Prinzipien für die Linkhaftung auf:
- Wer sich einen Link zu eigen macht, haftet automatisch für die verlinkten Inhalte, als ob es die eigenen wären.
- Wer überhaupt einen Link setzt, haftet ab Mitteilung der (potentiellen) Rechtswidrigkeit verlinkter Inhalte oder wenn er die Rechtswidrigkeit hätte selbst erkennen müssen.
Das ist eine sehr vereinfachte Darstellung und vor allem der zweite Punkt hat es in sich. Er bedeutet, wenn jemand auf die potentielle Rechtswidrigkeit der verlinkten Inhalte hingewiesen wird, die Haftung übernimmt, wenn er den Link nicht entfernt. Die befürchtete Folge ist, dass in der Summe die Meinungsfreiheit leiden wird, weil nicht jeder für einen Link das Risiko einer Klage auf sich nehmen möchte (sog. „Chilling Effects„).
Eine weitere Sorge ist, dass nur Fachjuristen die Kriterien der Linkhaftung werden überblicken können. Wir geben uns trotzdem die größte Mühe die Entscheidung des Bundesgerichtshofs juristisch zu sezieren und herauszufinden, was das oberste Zivilgericht wohl gemeint haben könnte.
Dabei berücksichtigen wir nicht nur klassische Hyperlinks, sondern gehen auch auf eingebettete Inhalte (Embedding/Framing, z.B. von YouTube-Videos in Webseiten) und geteilte Inhalte (Sharing, z.B. von Beiträgen bei Facebook) ein.
Unterstützt werden wir von Dr. Ansgar Koreng (Twitter, Formularbuch), der als Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht bei der Kanzlei JBB Rechtsanwälte tätig ist und sich bereits im Rahmen seiner Promotion mit der Zensur im Internet auseinandergesetzt hat. Wir bedanken uns herzlichst für seine Hilfe bei der Entwirrung der Rechtslage.
P.S. Noch bis ca. Mitte Februar läuft unsere Hörerumfrage, die wir in der nächsten Podcastfolge auswerten werden. Wir freuen uns sehr über Ihre Teilnahme!